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Vitamin Z

Was man nicht zum Leben braucht

Großbritannien 2013 – Tag 5

Heute ist eine Reise nach Norden im Programm. Wir verlassen pünktlich Chester und fahren eine ganze Weile, bis wir die Autobahn bei Kendal (na sowas, der Geburtsort von Marillion-Sänger Steve Hogarth) verlassen und in den Nationalpark des Lake District fahren. Dort gibt es allerlei Seen, die sich vor 13.000 Jahren durch abschmelzende Gletscher in Tälern gebildet haben. Diese Seen sind alle sehr lang und schmal, sogenannte Ribbon Lakes. Der größte dieser Seen ist der Windermere, über den wir eine Bootsfahrt machen wollen. Wir fahren durch wunderschöne grüne Hügel und erreichen zunächst den Ort Windermere, der etwas abseits des Sees auf einem Hügel liegt und dann Bowness-on-Windermere, direkt am Ufer. Einst gab es hier Bootsverkehr, der von der britischen Eisenbahn betrieben wurde. Heute werden drei der ehemals vier Schiffe für den Tourismus genutzt. Für uns ist die M.V. Tern, Baujahr 1891, vor Ort. Erneut ist das Wetter entgegen der Vorhersage sonnig und warm. Wir fahren eine halbe Stunde den langen See hinauf. Der See ist von schöner Landschaft umgeben, die abgesehen von den beiden Orten Bowness-on-Windermere und Waterhead und der ein oder anderen an Hügelhängen gelegenen Villen mit zugehörigen Bootshäusern am Ufer quasi unberührt ist. Es herrscht eine angenehme Stille auf dem Wasser. In Waterhead am Nordende des Sees verlassen wir dann das Boot und steigen wieder in unseren Bus.

Es geht weiter in den kleinen Ort Grasmere am gleichnamigen See. Ein kleiner Ort, der eigentlich nur eine Straße hat, aber hier gibt es eine 800 Jahre alte kleine Kirche, in der die Überreste des Heiligen Oswald, König von Northumbria, liegen, der die Kirche auch 642 gestiftet hat. Interessant und ungewöhnlich an der Kirche ist, dass sie durch eine Erweiterung zwei parallele Kirchenschiffe hat. Hinter der Kirche ist eine kleiner Friedhof, der vor allem dadurch bemerkenswert ist, dass hier der berühmte englische Dichter William Wordsworth begraben liegt, der lange hier in Grasmere, das er als the loveliest spot that man hath ever found beschieb, gelebt hat. Auch die bekannte englische Kinderbuchautorin Beatrix Potter hat hier gelebt, und es gibt allerlei Memorabilien zu diesen beiden Schriftstellern hier zu kaufen. Wir kehren hier zu Mittag ein und dann geht es weiter durch den Lake District.

Zwischendurch machen wir kurz Halt an einem weiteren See, dem Thirlmere. Hier handelt es sich um einen künstlich angelegten Stausee, in dem sich Wasser aus vielen kleine Zuflüssen sammelt, die von den wunderbaren grünen Hügeln herabfließen, sammelt. Die Hügel sehen einladend aus, und ich überlege mir, wie anstrengend und gefährlich es wohl sein mag, mal einen zu erklimmen. Unangenehm würde wohl vor allem der Abstieg. Der Thirlmere dient vorrangig als Wasservorrat für die unweit gelegene Stadt Manchester. Das Ufer des Sees ist trotz malerischer Landschaft komplett unberührt. Nur Natur, sonst nichts. Nach einem kurzen Photostop geht es dann weiter Richtung Schottland.

Direkt an der schottischen Grenze steht ein kleines Häuschen mit einem großen Schild „First House in Scotland“. Auf der Rückseite des Schildes steht natürlich „Lastr House in Scotland“. Dirket dahinter ist das erste Städtchen in Schottland, Gretna Green. Hier gibt es eine berühmte Schmiede, in der einst junge Brautpaare aus England sich vom Gildenschmied trauen ließen, die aus Altersgründen dort noch nicht heiraten konnten, in Schottland wegen anderer Gesetzgebung aber schon. Natürlich finden auch heute hier noch Hochzeiten statt und um diese Tradition gibt es hier allerlei Schnickschack für Touristen. Hier wird einem auch gleich die erste Whiskeyprobe geboten, und es gibt einen klischeehaften Shop, in dem man gleich jeden denkbaren Schottland-Nippes kaufen kann – und es läuft leise Musik von Runrig. Nach einem kurzen Aufenthalt hier geht es dann weiter nach Glasgow.

In Glasgow haben wir leider keine Zeit für große Besischtigungen. Wir beziehen erstmal unser Hotel, das Jurys Inn. Trotz des Namens ist dies hier kein Gasthof, sondern ein richtiges Hotel. Es liegt sowohl direkt am Hauptbahnhof als auch am Fluss Clyde, über den auf den 500 Metern links und rechts vom Hotel gleich fünf Brücken führen. Zweifellos gibt es in einer großen Stadt wie Glasgow noch mehr davon. Das Hotel erntet gleich einen dicken Minuspunkt: im Gegensatz zu den anderern Hotels bisher, gibt es hier kein freies WLAN; man will 10 Pfund pro Tag dafür. Ohne mich. Da sag‘ noch einer, es sei nur ein Gerücht mit dem Geiz der Schotten. Mein Zimmer hat ein kleines Fenster, vielleicht einen halben Meter breit mit der schönen Aussicht direkt aufs Gleis am Bahnhof. Bei offenem Fenster höre ich ununterbrochen die Bahnhofsansagen im schönen schottischen Akzent.

Vor dem Abendessen gehen wir noch ein wenig durch das heute regnerische Glasgow. Wir besuchen die Fußgängerzone Buchanan Street. Dort stoßen wir auf eine klassische britische blaue Police Box, aber ob es die TARDIS ist, kann ich nicht herausfinden. Vom Doctor jedenfalls keine Spur. Ich besuche noch das St. Enoch’s Center, eine gewaltige Shopping Mall, doch obwohl es gerade mal 18:30 Uhr ist, ist hier alles ausgestorben. Kein einziger der über hundert Läden hat noch geöffnet. Merkwürdig. Dann gehe ich zurück zum Hotel. Zum Abendessen gibt es überraschenderweise die Wahl zwischen Hühnchen und Fisch, oder einem vegetarischen Gericht. Heute ist das Hühnchen mit sonnengetrockneten Tomaten und Basilikum gefüllt, wengstens etwas Abwechslung. Danach besuchen wir noch nebenan den Pub Crystal Palace und trinken dort ein Indian Pale Ale. Dann bin ich müde und falle wie ein Stein ins Bett.

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